Viele sehen sich gerade beim Konsum von dem Thema Nachhaltigkeit überfordert. Und obwohl ich mich seit Jahren mit dem Thema auseinandersetze und Stück für Stück kleine Dinge in meinem Haushalt und meinem Konsumverhalten geändert habe, bin auch ich oft überfordert. Vor allem, wenn ich ma eben in den Supermarkt gehe. Zum Beispiel beim Griff zur Paprika. Nehme ich die in Plastik verpackte Bio-Paprika aus Spanien oder die pestizid-belastete, unverpackte aus Holland? Sowas nervt mich, weil es eigentlich die Wahl zwischen Pest und Cholera ist und oft endet es damit, dass ich auf Paprika verzichte.
Aber heute geht es mir nicht um Nachhaltigkeit beim Konsumverhalten, sondern um Nachhaltigkeit im Zwischenmenschlichen. Das vermisse ich oft. Es ist nicht mehr die Regel, dass man sich auf gemachte Aussagen von Menschen verlassen kann. Es werden Dinge versprochen, Zusagen gemacht oder (vermeidlich) verbindliche Aussagen getroffen denen keine Taten folgen. Ich finde es schade, dass man oft einfach gar nichts mehr von jemandem hört. Es wäre ja auch ok zu sagen, dass man seine Meinung geändert hat und nicht mehr zu seiner Aussage steht. Aber dafür fehlt den Allermeisten der Arsch in der Hose. Wenn ich dann mal Nachfrage, warum ich nichts mehr gehört habe, dann kommen so Sätze wie: „Ich wollte Dich nicht verletzten/enttäuschen.“ Stellt sich die Frage, woher Du zu wissen meinst, dass mich Deine Ehrlichkeit enttäuscht und nicht vielleicht beindruckt?
Mich nervt es, dass die meisten Rechtfertigungen immer so formuliert werden, dass man es für den Anderen getan hat. Es hört sich vermeidlich besser an, wenn man sagt „Ich wollte DIR nicht wehtun!“ als einfach zu sagen: „Sorry, ICH hab keinen Arsch in der Hose gehabt!“
Nachhaltigkeit im Zwischenmenschlichen setzt eine Verbindlichkeit voraus, die sich nicht beim nächsten Impuls auflöst. Nachhaltigkeit bedeutet auch seine Aussagen zu korrigieren, wenn man seine Meinung geändert hat. Nachhaltig heißt auch, die Zukunft bei den Entscheidungen mit einzubeziehen. Denn mit unseren heutigen Entscheidungen bestimmen wir ganz allein, wie unser Morgen aussieht.
Und das gilt auch bei Konflikten. Oft kann man einen Konflikt kurzfristig lösen. In vielen Fällen ist das sinnvoll und auch zielführend. Denn wenn man sich danach nie wiedersieht und keine gemeinsamen Schnittstellen mehr hat, sollte man schnell und effizient einen Haken an die Sache machen.
Was aber, wenn man in der Zukunft gemeinsame Berührungspunkte hat? Z.B. weil man in derselben Straße wohnt, weil man gemeinsame Kinder hat, weil man zusammenarbeitet, weil man sich auf (Familien-)Feiern begegnet, weil man denselben Freundeskreis hat, einfach, weil man über den Konflikt hinaus irgendeine gemeinsame Verbindung hat. Dann ist es doch kacke, wenn man den Konflikt kurzfristig löst und im schlimmsten Fall am Ende mit einem Gewinner und einem Verlierer dasteht. In diesem Fall ist es relativ sicher, dass bei der nächsten Begegnung die Situation angespannt ist. Man selber bekommt ja oft nur bei dem Gedanken an den ehemaligen Konfliktgegner schlechte Laune. Außerdem wird oft vergessen, dass das (gemeinsame) Umfeld unter der Situation leidet. Die Kinder, der gemeinsame Freundeskreis oder die Nachbarn fühlen sich immer unwohl zwischen den Parteien zu stehen und die gesamte Stimmung wird negativ von dem Konflikt beeinträchtigt.
Die gute Nachricht: Man kann auch Konflikte nachhaltig lösen. Mit Mediation! Denn Mediation bezieht immer das zukünftige Miteinander in die Lösungsfindung mit ein. Mit dem Ziel Lösungen und Vereinbarungen zu erarbeiten, die allen Beteiligten gerecht werden. Und genau deswegen ist Mediation wirklich immer einen Versuch wert. Und wenn Mediation auch manchmal scheitert, dann hat man wenigsten den Arsch in der Hose gehabt!