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Ich und Ich

Die Tage sagte eine Freundin zu mir: „Ich brauche eine Mediation mit mir selber. Kannst Du das machen?“ Ich habe gelacht und verneint, weil ich bei ihr auf jeden Fall befangen wäre. Trotzdem haben wir das mal kurz durchgespielt: zwei Stühle, zwischen denen sie hin und her wechselt und mit sich selber spricht, und ich, die zwischen den Stühlen sitzt und umformuliert, ausgleicht, vermittelt. Eine etwas absurde Vorstellung, aber führen wir nicht alle mal Selbstgespräche? Vermutlich nur im übertragenem Sinne auf zwei Stühlen. Aber wir alle gehen doch hin und wieder in einen Monolog oder Dialog mit uns selber. Fragen uns, ob dieses oder jenes die richtige Entscheidung war. Nennen uns selber zu dick, zu doof, zu langweilig. Stellen uns selber in Frage, ob wir ein/e gute/r Mutter/Vater sind. Zweifeln, ob wir gut genug „performen“ um nach einer Gehaltserhöhung zu fragen. Oder was wir auch gerne mit uns selber ausdiskutieren: „Was die Anderen wohl über mich denken?“

Und die Antworten, die wir uns auf diese Fragen geben, sind meistens kritisch und nicht besonders nett.

Also habe ich darüber nachgedacht, wie so eine Mediation mit mir selber aussehen würde. Was habe ich mir zu sagen? Bräuchte ich ein/e Mediator/in um zwischen Ich und Ich zu vermitteln? Ja! Denn ich bin nicht immer nett und nachsichtig zu mir! Es wäre manchmal schön, wenn meine Gedanken zu mir selber von jemandem Neutralem umformuliert würden, damit sie nicht so hart und kritisch sind. Und wenn ich mich manchmal selber nicht verstehe, wäre es da nicht hilfreich, wenn jemand die richtigen Fragen stellt um dadurch für mich Klarheit zu bekommen? Manchmal trage ich auch einen Konflikt aus, zu dem ich selber zwei Fronten (Engelchen und Teufelchen) bilde, in so einer Situation kann eine externe Betrachtung des inneren Konfliktes richtig hilfreich sein! Besonders die Einhaltung der Struktur und das sachliche Durchlaufen der einzelnen Phasen einer Mediation hilft enorm sich auf das Wesentliche zu fokussieren um dann am Ende gute Lösungen zu erarbeiten.

Und wenn ich so darüber nachdenke, wie ich mit mir selber rede, stelle ich fest, dass wohl viele meiner inneren Dialoge zwischen Ich und Ich nicht freundlich, empathisch und einfühlsam sind, sondern kritisch, schonungslos und zweifelnd, manchmal vielleicht sogar verletzend. Und dann überlege ich mir, wie ich die Mediation für meine Freundin durchgeführt hätte und muss mir eingestehen, so hart, wie ich manchmal mit mir selber rede, hätte ich mit ihr nicht geredet. Nicht mit ihr und auch mit niemand anderem!